ich verstehe die Welt nicht mehr

Das Verhältnis zu meiner Mama war schon immer eher schwierig, aber wir haben anscheinend ein neues Level erreicht...

Ich hatte immer viel Verantwortung für meine Mutter. Sie war mit uns 3 Kindern lange alleinerziehend. Wir haben einige Partnerwechsel mitgemacht. Ich war ihr dabei immer eine Stütze und Hilfe. Eher wie eine enge Freundin. Habe Tränen getrocknet, Tipps gegeben, Sorgen angehört. Wir sind auch oft umgezogen. Da mussten wir Kinder immer viel helfen- besonders ich als Größte.
Sie hat immer gesagt: "ohne dich würde ich das alles nicht schaffen."
Das war als Lob und Kompliment gemeint und ich habe es als Kind immer so aufgefasst.
Für großartiges Interesse an mir und meinen Sorgen hatte sie nicht genug Kraft, weil sie sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt war.

Seit ich erwachsen bin und selbst zwei Kinder habe (jetzt 5 und 9), hat sich daran nichts geändert.
Nach wie vor erwartet sie meine Unterstützung in allen Lebenslagen. Sie ruft mich z.B. abends an, wenn ich eigentlich keine Lust habe, lange zu telefonieren. Ich gehe aber trotzdem ans Telefon und höre mir ihre Sorgen und Probleme geduldig an.

Wenn ich nicht ans Telefon gehe, reagiert sie beleidigt. Wenn ich länger nicht anrufe, um mich nach ihrem Befinden zu erkundigen, bekomme ich viele Vorwürfe zu hören.
Ich hatte mich in letzter Zeit gut damit arrangiert. Habe es mittlerweile als wöchentlichen Pflichtanruf gesehen. Ich frage freundlich nach, höre es mir an und fertig. Schließlich will ich den Kontakt zu meiner Mama halten.

Wenn ich mich nicht melde und sie sich nicht gerade in einer psychischen Ausnahmesituatuin befindet, höre ich nichts von ihr. Interesse an meinem Leben, an den Enkeln oder zumindest eine höfliche Nachfrage wie es so läuft, kommt nicht.
Es macht mich traurig, aber ich bin damit zurecht gekommen.

Aber in letzter Zeit ist sie sehr abweisend mir gegenüber. Das verunsichert mich total und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Als wir uns vor 2 Wochen bei einer Familienfeier gesehen haben, ist sie beim Begrüßen einen Schritt vor mir stehen geblieben. Üblich wäre gewesen, dass wir uns herzlich umarmen. Stattddessen musste ich dann noch auf sie zugehen und sie begrüßen. Was soll denn das bedeuten??

Und einige andere ähnliche Situationen. Wir sitzen bei einem Geburtstag am Tisch und jemand sagt zu ihr: "Du freust dich bestimmt, dass deine Kinder alle da sind. " ( Meine Schwester und ich sind mit unseren Kids 300km gefahren, um dabei zu sein) Sie sagt: gar nichts! und dann: " hm, naja, ...ja, das ist schön!"

Jetzt steht ja Ostern vor der Tür. Die Kinder haben Ferien. Sonst hat sie immer gedrängelt, dass die Kinder ein paar Tage zu ihr kommen sollen. Dieses Mal hat sie sich gar nicht gemeldet.
Weil sie nicht ran gegangen ist, habe ich ihr auf die Mailbox gesprochen. Ich habe vorgeschlagen, an Ostern zusammen in den Tierpark zu gehen (statt uns auf Kaffee und Kuchen bei uns zu treffen)
3 Tage später hat sie zurückgerufen und mir mitgeteilt, dass wir ruhig gehen sollen, sie aber nicht mitkommt.
Absolut kurz angebunden. Ich war erstaunt und auch enttäuscht und das hat sie hoffentlich auch gemerkt.
Habe vorgeschlagen, dass sie auch zum Kaffee kommen kann und wir an einem anderen Tag mit den Kids in den Tierpark gehen. Aber das wollte sie nicht. Sie hat dann das Gespräch sehr schnell beendet.
Hat auf mich den Eindruck gemacht, dass sie weder mit mir reden, noch mich in nächster Zeit treffen möchte.

Ich verstehe die Welt nicht mehr.
Gut möglich, dass sie in 2 Wochen anruft und sich beschwert, weil ich nicht angerufen habe. Darauf habe ich jetzt aber echt keine Lust.


Wie soll ich mich verhalten?

Wie schätzt ihr das Verhalten meiner Mutter ein?

Hat jemand ähnliches erlebt?

3

Ist deine Mutter in Therapie?
Da scheint es ja tiefliegende Probleme zu geben, seit Jahren. Hört sich jedenfalls schon auch nach depressiver Episode an (Rückzug, Enkel nicht mehr sehen wollen, Anhedonie)
Sie dann merken lassen dass du enttäuscht bist, ist der falsche Weg.
Du bist aber auch nicht für ihr Seelenheil verantwortlich.
Sie braucht dann professionelle Hilfe.

1

Wie wäre es denn, wenn du sie einfach fragst?

2

Das klingt nach "beleidigte Leberwurst", wie man bei uns so schön sagt.

Sie scheint sehr Ich-bezogen zu sein und von Dir zu erwarten, dass Du ihre Gefühlslage erraten kannst.

4

Hallo.

Ich mag das jetzt ein bisschen platt ausdrücken, aber es schoss mir gleich beim Lesen deines Threads durch den Kopf: Deine Mama benutzt dich jahrelang als ihren seelischen Mülleimer und es hört sich schon etwas in Richtung toxische Beziehung an.
Sie lädt ihren Frust, Unsicherheit, Unselbstständigkeit unnd Unzufriedenheit bei dir ab. Es war und ist bisher immer gut gegangen... warst ja immer für sie da.
Hier sind die Rollen von Mutter und Kind, wie du es beschreibst, eher verdreht.
Ich denke, dass sowohl du (um hier vielleicht neue Verhaltensstrategien im Umgang mit derartigen Situationen) als auch deine Mutter (Verantwortung fr ihr Verhalten zu übernehmen und Selbstreflektion zu lernen) professionelle Hilfe in Anspruch nehmen könnt und auch solltet. Da sind beiderseits auch zu viele Erwartungenshaltungen... da müssten ein paar grundlegende Dinge gelöst werden, um einen entspannten statt angespannten Umgang zwischen euch ermöglichen.

Alles Gute

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Du hast ja mittlerweile die Situation gut analysiert und dich auch in einem für dich machbaren Rahmen zurückgezogen ohne die Situation zu eskalieren. Grossartigerweise übrigens.
Kann es sein dass sie das gemerkt hat und jetzt „einfordert“, also dich ihr quasi wies Hündchen hinterherrennen lässt? Keine Küchentischdiagnose, eher als Frage.

Tu was dir gut tut. 💕

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Hallo Green8,

Deine Mutter hat Dich ja permanent als Partnerersatz gesehen und auch so behandelt. Das ist überhaupt nicht fair.
Jetzt bist Du erwachsen, tanzt nicht mehr nach Ihrer Pfeife - WAS AUCH RICHTIG IST!!!
Das stößt Ihr auf, in Ihrer Gedankenwelt wird sie meinen, Du wärst undankbar, uninteressiert (nach dem Motto "was IIICCCHHH alles als alleinerziehende für Dich getan hab") und sie lässt Dich nun abblitzen um Dich dafür zu bestrafen, dass Du sie nicht bemutterst.

Du wirst sie und ihre Einstellung nicht ändern können, liebe Green8. Deine Mutter scheint unzufrieden, wahrscheinlich mit sich und der Welt und überhaupt. Und sie lässt es an Dir aus und an den Enkeln. Sie stellt sich als Opfer dar.
Werde Dir dessen bewusst, und noch viel mehr: werde Dir bewusst, dass Du als Kind nicht für sie verantwortlich bist.

Das ist sehr schwer und hart. Und manchmal muss man den Kontakt stark einschränken bis abbrechen. Sie hat nicht das Recht dazu, Dir abzuverlangen, dass Du Dich ständig kümmerst. Du bist ihr Kind, nicht ihr Partner, nicht ihre Mutter. Du bleibst in Deiner Rolle als Kind und nun als Mutter für Deine Kinder. Schütze Dich und bleibe Dir selbst treu.

Lasse Dir kein schlechtes Gewissen einreden.

Ich würde mein Leben leben wie bisher auch. Wenn sie sich nicht einbringt, dann bringt sie sich nicht ein.
Gib ihr nicht so viel Gewicht so lange sie Dich in Rollen zerren möchte, in die Du nicht gehörst. #liebdrueck

(kennen tue ich das von einer Freundin, die ähnliches erlebt(e) wie Du. Sie stellt den Kontakt immer wieder komplett ein bis die Mutter sich wieder "normal" meldet, dann gehts eine Weile und beginnt von vorne... )

Alles Liebe!

7

Das Verhältnis, das du beschreibst, kenne ich so ähnlich auch zwischen meiner Mutter und mir.

In meiner Kindheit war sie überwiegend mit sich selbst beschäftigt, mehrere Umzüge und Partnerwechsel, gesundheitliche (zum Teil selbst verschuldet durch Alkohol und Zigaretten um ehrlich zu sein) Probleme, Jobwechsel, Stimmungsschwankungen und es fielen noch andere, unschöne Dinge vor weshalb mein Mann auch nichts von ihr hält - das ist aber zu ausufernd jetzt. Jedenfalls haben wir Kinder schon früh wirklich viel Verantwortung tragen und Hilfe leisten müssen, um den Alltag irgendwie gewuppt zu bekommen.
Als ich volljährig, mit der Zeit immer weniger abhängig von ihr wurde und meinen eigenen Weg ging, wurde das Verhältnis schlechter und auch ich durfte mir anhören, ich würde mich ja nie melden wenn von meiner Seite über ein paar Wochen kein Kontakt aufgenommen wurde aber sie meldete sich aus Desinteresse und Trotz auch nicht gerade oft und regelmäßig. Es gab auch irgendwann mal einen Kontaktabbruch.

Seit Enkel Nr 1 da ist, bewegen wir uns wieder aufeinander zu. Mögen viele nicht verstehen, warum man einer solch „toxischen“ Mutter überhaupt entgegen kommt aber ich sehe das wie du: sie ist nun mal meine Mutter.
An dem rigorosen Kontaktabbruch hatte ich persönlich auch zu knabbern und auch wenn meine Kinder niemals ein super enges Verhältnis zu ihr haben werden, war es mir wichtig dass sie auch meine Mutter kennen und sie lernen, dass das auch ihre Oma und ein Familienmitglied ist und keine völlig Fremde. Das Verhältnis ist seit 2 Jahren bald auch wieder besser, auch dank einer Therapie und einer langfristigen, stabilen Beziehung zu einem Mann, der wirklich herzlich und nett ist und uns Kinder (wenn auch mittlerweile erwachsen) akzeptiert - anders als ihre anderen Partner zuvor. Außerdem habe ich gelernt, keine großen Erwartungen an meine Mutter zu stellen. Sie hat Probleme, es war als Kind bereits unmöglich diese für sie zu lösen und heute hat man selbst als Mutter eine eigene Kernfamilie und trägt Verantwortung. Da ist es einfach unmöglich, dass du dich stets auch noch der Launen und Probleme deiner Mutter annimmst.

Du musst da für dich einen Mittelweg finden. Einerseits Kontakt halten, aber dafür nur so viel investieren wie es dir gut tut und nicht darüber hinaus. Es wird immer etwas geben, dass ihr nicht passt, weshalb sie sich (zeitweise) distanziert und trotzig wirkt. Das ist schade, aber sie muss selbst zur Erkenntnis kommen, dass sie Probleme hat und sie diese selbst lösen muss. Du kannst dir nicht ewig den Kopf darüber zerbrechen, ob und was du falsch gemacht hast, ihr hinterher laufen und Kompromisse vorschlagen, dich entschuldigen, usw. Lerne, in Situationen wie aktuell dich davon zu distanzieren. Sie kriegt sich auch wieder ein, aber lass dich nicht mehr zu ihrem Prellbock machen.

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Genau so etwas kenne ich als Kind:
""ohne dich würde ich das alles nicht schaffen."
Das war als Lob und Kompliment gemeint und ich habe es als Kind immer so aufgefasst."

Ich habe eins gelernt: Das ist kein Lob oder Kompliment. Für ein Kind ist das eine Last, eine Last die zu viel ist.

Das "Beleidigt sein", "ignorieren" oder "Anschweigen" ist emotionale Erpressung.

Ich habe auch so oft mit ehrlichen klaren Gespräche versucht, in "Ich Botschaften" mit viel Verständnis, teilweise auch mit Beispielen, wenn es geleugnet wurde... Alles vergebens.

Du hast zu lange versucht es deiner Mutter recht zu machen. Löse dich davon, sein froh, dass sie sich distanziert und dich nicht terrorisiert (wie meine es getan hat, wobei meine zuerst den Kontakt abbrach, mir das dann zu blöd wurde und ich es ihr gleich tat und sie mich erst danach terrorisierte, als ich nicht mehr da war, wenn es ihr passt).

Endlich kannst du duchatmen, genieße es. Vielleicht ist sie nun beschäftigt, hat vielleicht einen neuen Freund/Freunde/Hobby und du sowie deine Kinder sind aktuell nicht mehr interessant/von nutzen. Klammer dich nicht an jemanden, der immer nur nehmen und nehmen konnte. Arrangiere dich ohne sie, meldet sie sich nicht: Ihr Pech. Wenn sie sich meldet musst du aber auch nicht sofort springen, damit sie "nicht beleidigt" ist. Wenn es dir passt: OK, wenn micht: Pech. Ich weiß, es ist schwer und wird viel Zeit brauchen. Aber es belastet dich und du wirst sie nicht ändern können.

Wenn du es alleine nicht schaffst kannst du dir auch bei einem Profi (manchmal reichen auch wenige Termine) Tipps geben lassen wie du dich gedanklich und emotional von ihr löst (bzw. es übst, das ist ein langer Prozess) und es akzeptierst, dass sie nie die Mutter sein wird, die du dir wünscht und verdient hättest. Es wird immer weh tun, es ist schießlich die Mutter, aber es wird leichter. Als ich mich endlich gelöst habe, war als sei eine Last von mir gefallen, keine Pflicht besuche, pflicht Nachrichten, Pflicht unterhaltungen wo sie mir nicht zuhört und ich mir dann das Geläster über andere anhören kann) Es tut noch manchmal weh, ja, aber es ist leichter und wird immer leichter.

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Hi du, ganz ehrlich, das ganze war offenbar schon immer eine sehr einseitige Kiste. Außerdem hatte sie dich schon als Kind in eine Rolle gebracht die du gar nicht haben solltest.

Und heute als Erwachsene sieht sieht sie dich noch immer nicht als Tochter sondern als Ersatz für ihre Bedürfnisse. Sie sieht nicht das auch du Sorgen oder Nöte haben könntest. So verhält sich keine Mutter. Im übrigen hab ich auch keinen Kontakt zu meinen Eltern weil zuviele Dinge waren. Unter anderem weil sie mich umtauschen wollten da ich nicht das gewünschte Geschlecht hatte, was meiner Mutter Recht gewesen wäre.

Irgendwann muss man sagen das Blut nicht immer dicker ist als Wasser. Du hast dir jedenfalls nichts vorzuwerfen, aber hier finde ich es schade was du weiterhin alles auf dich nimmst.

Liebe Grüße Ela