Erfahrungsbericht: Fehlgeburt, Missed Abortion, Ausschabung, Zeit danach

Weil ich so dankbar darüber war, fremde Erfahrungsberichte einer Missed Abortion zu lesen, teile ich nun meine Geschichte mit Euch:

Missed Abortion:

Nachdem ich eine erste romantisch-naive 1. Schwangerschaft hatte, wollte ich genau so in die 2. starten. Gleich beim 2. Anlauf war der Test positiv. In der 6./7. Woche hatte ich meinen ersten Termin beim Frauenarzt. Irgendwie überkamen mich hier schon mulmige Gefühlue. Der Termin war merkwürdig. Ich bekam kein Foto, der Embryo war auf dem US zu sehen, angeblich auch der Herzschlag. Aber ich sah ihn definitiv nicht. Bei meiner letzten Schwangerschaft eindeutig. Aber ok. Ich hatte eindeutige Schwangerschaftssymptome, also schien alles gut. Oder?
Die Wörter „Fehlgeburt“ und „Missed Abortion“ zogen mich anschließend magisch an. Ich zwang mich aber, Infos darüber nicht durchzulesen. Im Laufe der nächsten zwei Wochen bemerkte ich das Nachlassen der typischen Symptome (Ziehen, Verfärbung der Brustwarzen, Ablehnen der Zahnpasta, Beweglichkeit beim Strecken usw.). Mein ungutes Gefühl steigerte sich, ich machte weitere Schwangerschaftstests, die positiv blieben (klar, weil der HCG Wert bei einem Abort nicht direkt runter geht). Ich brauchte Klarheit und zog meine Untersuchung beim Frauenarzt terminlich vor. Die Ärztin suchte auf dem Bildschirm und drückte am Bauch herum, bis der Satz fiel: „Ich kann leider keine Herzaktivität feststellen.“ Der Krümel hatte in Woche 6+3 (nun Woche 10) aufgehört zu wachsen.
Der Moment ist für immer eingebrannt. Und doch spürte ich neben dem Schock ein Stück Erleichterung in mir, denn ich wusste es… irgendwie bereits!
Auch ich befand mich anschließend in einer Starre, konnte nicht weinen und wenig denken. Ich sollte direkt rüber zum KH, um einen Termin für eine Ausschabung zu machen. Anschließend könne ich direkt im nächsten Zyklus wieder schwanger werden. Oder aber, ich warte, bis das Kind natürlich abgeht. Das würde bis zu 12 -16 Wochen dauern. Im ersten Moment wollte ich eine schnelle Lösung und stiefelte direkt zum KH, das sich nebenan befand. Auf dem Weg dorthin habe ich meinen Partner und meine Mutter angerufen und realisiert, was passiert ist.

Tipp: nichts muss direkt passieren. Nehmt euch Zeit, alles mindestens eine Nacht zu verarbeiten und trefft dann Entscheidungen, wie es mit dem Krümel im Bauch weiter gehen soll. Euch steht auch eine Hebamme zu, die euch ausführlich über die drei Optionen berät: Ausschabung, medikamentöse Einleitung, natürlicher Abgang. Die Podcastfolge: „Fehlgeburten und Sternenkinder“ von Mama Lauda hat mich gut aufgeklärt.

Das Sekretariat im Krankenhaus war bereits geschlossen. So musste ich mich am nächsten Tag vorstellen und das tat mir so gut! Ich brauchte erst einen „mental breakdown“, Zuhause in einer sicheren Umgebung, ehe ich Entscheidungen treffen konnte.

Am nächsten Tag entschied ich mich, die Ausschabung im KH durchführen zu lassen. Es gab eine weitere Untersuchung, die den Befund bestätigte. Die Unterlagen für die OP wurden vorbereitet. Einen Tag später hatte ich das Vorgespräch für die Narkose, auf das ich 4! Stunden warten musste. Am Tag darauf, der dritte Tag nach der Diagnose, fand meine Ausschabung statt. Die Warterei für bürokratische Angelegenheiten im Krankenhaus habe ich als sehr anstrengend empfunden. Aber: ich hatte viel viel Zeit nachzudenken (kein Handyempfang im KH). Es war etwas komisch, mit dem Krümel im Bauch herum zu laufen, der nicht mehr lebte.

Ausschabung:
Ich stehe im mitten im Beruf. Diese Situation machte mir meine Entscheidung leichter, mich für die Ausschabung im KH zu entscheiden. Wenn ich einen natürlichen Abgang auf der Arbeit hätte managen können, hätte ich diesen gewählt. Die Einleitung mit Tabletten funktioniert nicht immer. So viele Wochenenden und Nerven wollte ich nicht verlieren. Trotzdem hätte ich gerne die natürliche Variante gewählt.

Und so war es an einem Freitag so weit: die Ausschabung stand bevor. Morgens wurde ich vor Aufregung schon um 4 Uhr wach. Um 6:30 Uhr sollte ich im KH zur Patientenaufnahme sein. Hier wurde ich einer Station zugewiesen. Alle waren sehr feinfühlig und nett. Um 7:30 Uhr nahm ich Medikamente ein, die den Muttermund lockerten. Um 8:00 zog ich die OP-Kleidung an und bekam eine Beruhigungstablette (hatte ich mir gewünscht, aus Angst vor der OP). Um 8:10 Uhr wurde ich in den OP geschoben. Mir war kalt und ich zitterte. Im OP haben sich alle vorgestellt, eine Schwester half mir auf die Liege und versorgte mich mit einer Wärmedecke. Dann ging es ganz schnell. Ich wurde verkabelt, bekam einen Zugang und dann war ich auch schon weg. Um 8:30 Uhr wurde ich geweckt. Ich wachte auf und war nur erleichtert. Ich hatte keine Schmerzen und war heilfroh, dass „es“ nun überstanden war. Rein körperlich war ich lediglich müde und schlapp. Anschließend wurde ich zurück auf die Station gefahren, bekam noch ein Schmerzmittel, durfte mich drei Stunden ausruhen, hatte noch eine Nachbesprechung mit dem Narkosearzt und einer Gynäkologin und wurde entlassen.

Verarbeitung/ die Zeit danach:
Der Körper:
Ich hatte ca. 2 Wochen leichte Nachblutungen, insgesamt nur ein leichtes Ziehen im Unterbauch und ein paar Kreislaufprobleme in den ersten 4-5 Tagen nach der OP. Also - absolut ok. Drei Wochen musste ich auf Sport verzichten. Einmal kurzer Schock: HCG-Wert ging nicht runter, weitere OP notwendig? Oh no!
Mentale Gesundheit: Es geht mir tatsächlich ok bis gut. Ich habe all meine Gefühle zugelassen (Trauer, Erleichterung, Wut usw.) und überlegt, wie ich mit dem Verlust umgehen möchte. Ich habe mich entschieden, dass der Krümel für immer einen Platz in meinem Herzen erhält. Außerdem habe ich einen wunderschönen Blumenstrauß gekauft, dieses Ritual möchte ich jedes Jahr wiederholen. Ich habe mir die Frage „Warum?“ gestellt und meine Gesundheit auf den Kopf gestellt und mich weiter untersuchen lassen. Ich nehme aus dieser Erfahrung für mich mit, dass ich in Zukunft ein gesundes Leben in voller Fürsorge für mich selbst führen möchte. Außerdem bin ich stolz und dankbar auf meinen Körper, meine Intuition und mein Bauchgefühl. Die Situation ist nicht schön zu reden, aber ich habe überlegt, wie sie mein Leben ins Positive wandeln kann. Ich habe nur wenigen bis gar keinen Freunden von unserem Verlust erzählt. Das brauche und kann ich aktuell nicht. Ich möchte nicht darüber reden, weil es meine Geschichte ist. Vielleicht ändert es sich noch. Jeder geht anders damit um. Ich habe viel mit mir alleine ausgemacht, weil ich das so brauche. Wenn ich jemandem davon erzähle, kommen mir noch die Tränen hoch - es ist und bleibt ein Verlust. Besonders schwer ist es mir gefallen, mich drei bis vier Wochen nach der OP zu schonen. Ich hätte mich so gerne abgelenkt, Sport gemacht. Daher war meine Stimmung in dieser Zeit oft schlecht. Der erste Tag auf der Arbeit oder im Sportverein war hart, wenn auch irgendwie gut, da der Alltag zurück war. Viel Ruhe und Verständnis mit mir selbst haben geholfen.

Ich hoffe, dass ihr euren Weg findet und ich euch mit meiner Geschichte dabei helfen konnte, eure Gedanken zu sortieren.

Wir werden es noch einmal probieren. Und wie es weiter geht? Ich werde berichten ☺️

Ich wünsche alles Gute!

1

Danke für deinen Erfahrungsbericht. Tatsächlich ist es für mich gut zu lesen, wie andere Frauen es regeln und wie es ihnen damit geht. Ich hänge in der Warteschleife. Für mich ist das im Moment gut, weil ich mich jetzt nicht entscheiden kann irgendwas zu beschleunigen.

2

Es tut mir unglaublich leid, dass du auch diese Erfahrung machen musst. Ich weiß nicht genau, was du mit „Warteschleife“ meinst, aber ich hoffe, du kannst sie für dich, deine Gedanken und Emotionen nutzen. Fühl dich gedrückt und melde dich, wenn es Fragen gibt 💛