materialistische 9-Jährige?

Hallo,

mein Lebensgefährte hat aus erster Ehe eine 9 jährige Tochter, die jedes zweite Wochenende und jeden Mi bei uns ist.
Vor ein paar Jahren ist ihre Mutter mit ihr und neuen Mann in ein Eigenheim ins ländliche gezogen, dass ca.15 km entfernt ist.

Gestern unterhalten wir uns und sie erzählt mir von einer Freundin, mit der sie auch viel spielt und die ab dem Sommer mit ihr aufs "Gimmi" geht. Und das fände sie nicht so gut, weil es ja im "Gimmi" wichtig ist coole Freunde zu haben und diese Freundin hätte ja kein Haus, sondern nur ein Wohnung. Nur arme Leute hätten Wohnungen.

Da hab ich aber gestaunt, was sie für Gedankengänge hat, wie sie überhaupt darauf kommt.

Ich habe mit ihr darüber geredet, nur leider sagt sie wie immer, wenn ihr ein Thema unangenehm ist kein Wort mehr.

Jetzt grübel ich natürlich, wie sie unsere Situation so empfindet, da wir auch "nur" in einer Wohnung wohnen.
Und ich frage mich, ob jetzt die 9-jährigen schon so oberflächlich denken. Vor ein paar Wochen war eine Freundin hier zu Besuch (die sie aber noch von KiGa-tagen kennt) und die beiden unterhielten sich nur über Markenklamotten und gute Noten und wie wichtig es ist aufs Gymnasium zu kommen.

Ich fühle mich etwas unwohl, dass hier so ein kleines Teenager-Monster heranwächst, das ich irgendwann mit Paris anreden muss.

Wie ist das bei Euch, kennt ihr so etwas?

LG Tina

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Ihr müsst hier klar Stellung beziehen. Und zwar ihr beide. Kinder in dem Alter spiegeln erstmal die Erwachsenen und gleich danach kommt das Umfeld (Kiga, Schule, Nachbarschaft).

Gruß

Manavgat

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Hallo,

Wir beide? Ihr Vater und ich?

Ja, sicher, aber anscheinend ticken in ihrem anderen Umfeld die Uhren anders.

Und sie sagt wirklich KEIN Wort, wenn man mit ihr redet.

Ich bin recht ratlos!

LG Tina

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das andere Umfeld wirst du nicht ändern

ihr könnt nur einen Gegenpol bieten

wir haben so ein Kind im Freundeskreis, was von den Eltern auf Erfolg, Gimmi und Geld scheffeln getrimmt wird

Der ist immer ganz erstaunt, wenn er bei uns ist und sieht , dass es auch anders geht, glücklich zu sein......vielleicht hat es einen kleinen Einfluss

Es ist für euch natürlich schwieriger, weil ihr dem Kind näher steht. Aber wenn dein Mann es ähnlich sieht, könnt ihr durchaus mal zwischendurch ein Kontrastprogramm zum Kommerz liefern.

Simnik

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Hallo Petunia!

Ganz Unrecht hat die Kleine leider nicht, war auch auf dem "Gimmi" und da wurde man teilweise aufgrund seines sozialen Status und besonders nach dem sozialen Status der Eltern bewertet. Am schlimmsten fand ich, dass die Lehrer da mitspielten.

Natuerlich ist so eine Einstellung unmoeglich, aber leider ist sie sehr weit verbreitet.
Das einzige was ihr machen koenntet (habe selbst keine Kinder, also reine Theorie!) ist meiner Meinung nach Sachen zu organisieren, wo ihr andere Werte vermittelt werden. Ist aber nicht gesagt, dass es funktioniert.

Ich war froh, als ich mein Abi hatte und wieder mit normalen Leuten zusammen sein konnte!

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Möchte das so gar nicht unterschreiben!
Ich kann jetzt nur für das Gymnasium sprechen, an dem ich arbeite, aber ich denke, an anderen Schulen ist es ähnlich.
Wir haben Kinder aus allen Schichten bei uns, es gibt Jugendliche, die viel Wert auf Markenklamotten legen und es gibt mindestens genau so viele, denen das völlig egal ist. Aber so ist es doch überall, das hat mit der Institution Gymnasium nichts zu tun.
Es ist mir auch nicht bekannt, dass ein Lehrer die Behandlung der Schüler vom Einkommen ihrer Eltern abhängig machen würde und es entsetzt mich, dass hier so eine Situation praktisch als alltäglich dargestellt wird.

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Seltsam, dass den Lehrern Dinge völlig unbekannt sind, die durch viele Studien belegt worden sind.

Das liegt sicher an ihrem Elfenbeinturm...

Solltest Du es nachlesen wollen, empfehle ich Dir:

Sozialisatiostheorien von Klaus-Jürgen Tillmann, rowohlts enzyklopädie

Kapitel 3. Sozialisation durch die Schule...

des weiteren:

Die Erben von Pierre Bourdieu

Gruß

Manavgat

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Ihr Wertesystem wirst du so schnell nicht ändern können. Versucht, einen Gegenpol zu bieten. Gespräche führt man am besten dann, wenn die Situation gerade günstig ist - d.h., wenn ihr euch gerade gut versteht und sie in "Redelaune" ist, dann kannst du das Thema mal vorsichtig anschneiden, ohne ihr Schuldgefühle deshalb zu machen, sondern mehr so dass du Fragen stellst und sie durch Fragen zum Nachdenken bringst.

Im Übrigen war ich auch auf dem Gymi, meine Eltern hatten zwar ein Haus, aber trotzdem gehörte ich zu denen, deren Eltern zu den "Ärmeren" gehörten, weil meine Mutter nicht arbeitete und mein Vater kein Arzt, Architekt etc. war ;-) D.h., wenn die anderen von ihren tollen Urlauben und teueren Hobbies (Skifahren, Tennisspielen- war damals das absolute "In-Hobby") erzählten, konnte ich auch nie mitreden, und Markenklamotten gabs bei uns auch nicht, weshalb ich schon mal automatisch nicht in der angesagtesten Clique war. Ich habs dennoch überlebt und hab mir im Studium meine Freundschaften gesucht. Teilweise fand ich die Zeit im Gimmi deshalb zwar hart, aber im Nachhinein finde ich, dass es mir nicht geschadet hat, es hat mich dagegen für manches positiv sensibel gemacht.

lg
K.

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Hallo Tina,

ich kenne sowas von Erzählungen - glücklicherweise hat meine kinder so etwas nie betroffen...

sie hatten nie Markenkleider, auch keinen iPod oder dergleichen - ich war viele Jahre lang alleinerziehend und wir sind gerade so über die Runden gekommen.

Dennoch gab es für meine Kinder in ihren Klassen noch nie Probleme deswegen #schwitz (meine Kinder sind in Klasse 10 und 6, Gymnasium) - ich weiß aber, dass es das gibt, und gar nicht Mal so selten ist, leider.

Wir haben offensichtlich Glück gehabt.

ich würde immer wieder das Gespräch suchen mit Deiner Stieftochter und sie immer wieder selber erklären lassen, wieso sie so etwas denkt, warum sie denkt, dass diese Leute "schlechter" sind etc...

LG, liki

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Der Gedanke, dass ich ein solch zickiges und oberflächliches Kind hätte würde mir schlaflose Nächte bereiten.

Du hast mit dem Grübeln also mehr als Recht.

Die Werteeinstellung der Tochter ist mehr als nur bedenklich.

Ihr müsstet versuchen zu klären inwiefern das Elternhaus ein solches denken fördert oder hervorgerufen hat.



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Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für Eure Antworten.

Ich antworte jetzt mal pauschal hier für alle.

Erstmal war ich erstaunt, dass dieses Denken für viele wohl mit der Schulform verknüpft ist.
In meiner Jugend war das eher ein Stadtteil- als ein Schulformproblem, Markenkleidung war auf der benachbarten Realschule viel wichtiger als bei uns.

So schwarz/weiss wie das vielleicht rüberkam sind die Verhältnisse bei uns gar nicht.
Ihre Mutter hat ein Haus und sie fahren große Autos, aber Spielsachen und Kleidung werden eher selten besorgt.

Wir sind da sicher großzügiger und die Kleine ist eigentlich ganz bescheiden. Sie hat noch nie in einem Spielwarengeschäft oder Klamottenladen gebettelt oder ähnliches.
Ich habe auch nicht den Eindruck, dass wir die "arme" Seite sind. Wir wohnen eben nur nicht in einem Haus, sondern in einer Wohnung.

Ich habe den Eindruck, dass ein paar Mädchen in ihrer Schule so etwas wie die Peer Group darstellen, die einfach blödes Zeug quatschen und sie glücklich ist dazugehören zu dürfen.
Sie selber kann diese Standards bis auf das Haus gar nicht erfüllen. Markenklamotten sind eher Mangelware, die Schulnoten sind auch nicht so überragend.
Keiner spielt Tennis oder Golf, geurlaubt wird mit Mama an der Nordsee.
Man muss sich das jetzt auch nicht so vorstellen, dass sie in einem Nobelort wohnt, das sind ganz normale Häuschen.

Ich hatte bisher immer den Eindruck, dass sie von beiden Seiten mit einem relativ vernünftigen Wertesystem aufwächst. Die Familie ihrer Mutter hat zwar schon einen ziemlichen Dünkel, der aber nicht mit Geld zusammenhängt (denn das haben sie selber nicht so üppig) sondern mit Herkunft und Bildung.

Ich habe keine Ahnung was da los ist.

Lg Tina